Schiaparelli Haute Couture Frühjahr Sommer 2025 „ICARUS“ oder Hoch fliegen, hart landen. Geschichte von Eleonora de Gray, Chefredakteurin von RUNWAY ZEITSCHRIFT. Foto mit freundlicher Genehmigung: Schiaparelli.
Daniel Roseberrys Haute Couture-Kollektion Frühjahr/Sommer 2025 für Schiaparelli trägt den dramatischen Titel „Ikarus“, strebte nach dem Himmel, schien aber geradewegs in den metaphorischen Dreck zu stürzen. Inspiriert vom berüchtigten Mythos von Ehrgeiz und Untergang, fragt man sich unweigerlich, ob Roseberry hier Parallelen zu seiner eigenen kreativen Laufbahn zog. Mit skulpturalen Korsetts, Seide und Satin in Hülle und Fülle und aus den Archiven wiederbelebten bestickten Stoffen flatterte die Kollektion auf ihrem Aufstieg – nur um dann irgendwo über dem Souvenirladen des Louvre in eine Identitätskrise zu stürzen.
Aber sprechen wir das Offensichtliche an: Ist das Couture um der Couture willen, eines Museums willen oder um Daniel Roseberrys Ego willen? Seien wir ehrlich, es tendiert eher zum Letzteren.



Ein Museumsstück im Entstehen (oder nur ein Stück?)
„Ikarus“ ist ein Name, der geradezu nach genauer Betrachtung verlangt. Ganz wie sein mythologischer Namensvetter schwebte die Kollektion auf Flügeln komplizierter Handwerkskunst – die Korsetts waren Wunderwerke der Technik, perfekt geformt. Seide und Satin fielen wie eine griechische Tragödie herab, und archivarische Stickereien flüsterten süße Nichtigkeiten über Schiaparellis geschichtsträchtige Vergangenheit. Und dann, gerade als es schien, als würde es die Sonne berühren, die Kollektion erlebte einen dramatischen Absturz in Richtung Selbstgefälligkeit.
Dass ein Louvre-Kurator im Publikum saß, war nicht nur das Sahnehäubchen, sondern das ganze Sahnehäubchen. Die Botschaft war klar: Dies war nicht nur eine Sammlung, dies war ein Vorsprechen für ewige Relevanz. Vergessen Sie runways; Roseberry entwirft für Vitrinen. Man könnte ihn sich fast hinter der Bühne vorstellen, wie er mit der Feder in der Hand ein Künstlerstatement für die unvermeidliche Retrospektive entwirft (Oh, Moment, auf Schiaparellis Instagram können wir dieses Video tatsächlich sehen). „Eine skulpturale Auseinandersetzung mit menschlichem Ehrgeiz, Couture und meinem späteren Flügel im Louvre“, vielleicht?
Eleganz, ja. Aufregung, nein.
Für ein Haus, das aus Elsa Schiaparellis surrealistischer Rebellion entstand, „Ikarus“ Es fehlte die spielerische Kühnheit, die die Marke zur Legende machte. Wo waren die Provokationen? Die Augenzwinkern? Die Momente purer, unverfrorener Verrücktheit, die schrien: „Das ist Schiaparelli!“ Stattdessen wurden uns Stücke präsentiert, die so raffiniert und poliert waren, dass man das Gefühl hatte, sie seien von einem Historikergremium vorab genehmigt worden.
Sicher, die geformten Korsetts waren makellos. Aber in der Haute Couture geht es nicht nur um Perfektion – es geht um die unerwartet. Roseberrys Stücke wirkten weniger wie Statements, sondern eher wie Artefakte, bereit, in Glas eingeschlossen und von zukünftigen Generationen studiert zu werden. An Ehrfurcht ist nichts auszusetzen, aber wo ist in einem Haus wie Schiaparelli die Respektlosigkeit?
Haute Couture oder Performancekunst?
Als die Models den runway – eingeschnürt, geformt und drapiert bis aufs Blut – die Kollektion fühlte sich zunehmend von der Realität losgelöst an. Die praktische Tragbarkeit dieser Kleidungsstücke war eindeutig nebensächlich. Dies war keine Couture zum Tragen; dies war Couture, die man von einer Museumsbank aus kritisieren konnte. So selbstbewusst … Die Exzentrizität, die Schiaparelli so wichtig machte, scheint weggepackt worden zu sein, bereit zur Ausstellung mit dem Etikett: „Wie von Daniel Roseberry vorgestellt.“
Nehmen wir zum Beispiel die skulpturalen Korsetts. Sie schienen eher an einer Schaufensterpuppe als an einem menschlichen Körper zu passen. Die bestickten Stoffe aus dem Archiv waren zwar schön, wirkten aber eher wie eine Geschichtsstunde als eine Hommage an die Gegenwart. Es war, als hätte Roseberry beim Entwerfen eher an einen Postkartenständer im Louvre-Souvenirladen gedacht als an die Kundinnen, die diese Stücke tatsächlich tragen könnten.
Es fühlte sich weniger wie eine Anspielung auf Schiaparellis Geschichte an, sondern eher wie ein Augenzwinkern in Richtung Roseberrys Ambitionen: „Wir sehen uns im Museumskatalog, Liebling.“
Ego mit Flügeln
Und lassen Sie uns über diesen Titel sprechen. „Ikarus.“ War es ein selbstbewusster Hinweis auf das prekäre Gleichgewicht zwischen Ehrgeiz und Versagen? Oder nur eine plumpe Metapher dafür, der Sonne zu nahe zu kommen? So oder so ist die Ironie kaum zu übersehen. Roseberrys Ambitionen sind klar – er strebt nach Unsterblichkeit und ist bereit, seinen Namen statt Schiaparelli (ich hoffe, er weiß jetzt, wie man ihn richtig schreibt) an eine Museumswand zu heften, um dorthin zu gelangen. Aber hat er in seinem Streben nach seinem Vermächtnis dem Haus die Flügel gestutzt?
Die Kollektion wirkte eher wie ein Versuch, historische Relevanz zu erlangen, als eine Feier des Hier und Jetzt. Indem Roseberry so eindeutig auf die Nachwelt abzielt, riskiert sie, die Lebendigkeit, die Unvorhersehbarkeit und, offen gesagt, den Spaß zu verlieren, die Haute Couture so feierlich machen. Diese Kollektion wurde nicht für Kleiderschränke gemacht; sie wurde für Vitrinen gemacht. Lag es daran, dass er es dieses Mal wieder nicht zur „Louvre Couture“-Ausstellung geschafft hat? Es ist, als ob die gesamte Sammlung in Erinnerung bleiben will, bevor sie überhaupt vergessen ist.
Eine wunderschöne Bruchlandung
Schlussendlich, „Ikarus“ war ein Triumph der technischen Bildhauerkunst – aber es ließ wenig Raum für Leben. Haute Couture soll inspirieren, begeistern, herausfordern. Diese Kollektion? Sie hätte vielleicht in einen Museumsladen gehört. Aber war sie lebendig? Oder war sie einfach eine sehr elegante, sehr teure Warnung vor Ehrgeiz und Ego?
Die Haute Couture Kollektion Frühjahr/Sommer 2025 fühlte sich weniger wie eine runway Show und eher wie ein Pitch Deck für den Louvre. Jeder Stich, jede Naht schien darauf abgestimmt, Erhabenheit zu evozieren, als ob der Designer selbst diese Stücke hinter Glas gerahmt vor sich sah. War das Couture für das Haus oder für Daniel Roseberrys Ego und seine zukünftige Plakette im Flügel „Mode des 20.-21. Jahrhunderts“?
Vielleicht ist dies das ultimative langfristige Spiel – ein Versuch, Schiaparelli (und Roseberry) im Pantheon der Haute-Couture-Legenden zu verankern. Dabei besteht jedoch die Gefahr, Kühnheit gegen Anerkennung einzutauschen. Der wagemutige, rebellische Geist Schiaparellis wirkt eher wie eine ferne Erinnerung als wie eine treibende Kraft.
Und ich habe mich gefragt, ob die Schiaparelli Haute Couture SS25 ein Triumph von Handwerkskunst und Eleganz war? Oder war es eine Übung in der Schaffung eines Vermächtnisses für Roseberrys Ego? Die Antwort könnte in den Gerüchten einer Louvre-Ausstellung liegen. Bis dahin werden wir zusehen – und warten –, wie Daniel Roseberry weiterhin sein Ego formt, ein Korsett nach dem anderen.
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