„Les Deux Mains du Luxe“ 2025

„Les Deux Mains du Luxe“ 2025: Wenn Handwerkskunst zum Denkmal wird. Geschichte von Eleonora de Gray, Chefredakteurin von RUNWAY MAGAZIN. Foto mit freundlicher Genehmigung: Comité Colbert / LDMDL / E. Demarly / David Atlan.

Unter dem hohen Glasdach des frisch restaurierten Grand Palais setzte Luxus ein kraftvolles, greifbares Statement. Zum ersten Mal in der Geschichte kamen 32 der berühmtesten französischen Maisons – von Hermès und Dior bis Baccarat und Van Cleef & Arpels – zusammen, nicht um neue Kollektionen vorzustellen, sondern um die seltenen und kostbaren Gesten dahinter zu enthüllen. Willkommen bei „Les Deux Mains du Luxe“ 2025, eine umfassende, monumentale Ausstellung, die den Handwerkern gewidmet ist, deren Hände den französischen Traum formen.

Vier Tage lang, vom 2. bis 5. Oktober, verwandelte sich das GrandPalaisRmn in eine lebendige Hommage an das Savoir-faire. Die Besucher konnten nicht nur zuschauen – sie erfahrensten . Vergolden, Broderie, Porzellanmodellieren, Ledernähen, Kristallgravieren, Parfümherstellung … all das wurde zu greifbaren, lehrreichen Tätigkeiten. In sieben Themenbereichen – von Haute Couture und Leder bis hin zu Gastronomie und Uhrmacherei – wurden die Teilnehmer eingeladen, die Ärmel hochzukrempeln und sich an genau den Techniken zu versuchen, die normalerweise den Ateliers in der Rue Cambon, der Avenue Montaigne oder am Place Vendôme vorbehalten sind.

Ein Wald voller Möglichkeiten

Die von den Designstudenten der ENSAAMA entworfene Szenografie war mehr als nur dekorativ. „Arboreszenz oder der Wald der Möglichkeiten“verwandelte die Installation den Ausstellungsraum in einen Zauberwald – jeder Baum eine Metapher für einen unbeschrittenen Weg, jeder Ast eine Einladung, ein Handwerk zu erkunden. Die aus Wabenkarton und Abdeckpapier gefertigte Umgebung wirkte so vergänglich und komplex wie die Berufe, die sie zelebrierte.

Es war nicht nur ein Augenschmaus. Es war ein Akt der Vermittlung. „Tun ist Denken“, erklärt das Comité Colbert, der Organisator dieser Initiative – ein Zusammenschluss von fast 100 französischen Luxushäusern und Kulturinstitutionen unter der Leitung von Bénédicte Epinay. Und diese Ausgabe war nichts weniger als ein Manifest. 

Da 25 % der Kunsthandwerker 55 Jahre oder älter sind und nur 40 % der neuen Kunsthandwerker aus der Jugend kommen und keinen Berufswechsel vollzogen haben, ist die Sache klar: Die Zukunft des Luxushandwerks hängt von seiner Fähigkeit ab, eine neue Generation anzuziehen – und zu inspirieren.

Jenseits der Beobachtung: Ins Atelier

Luxus war schließlich schon immer eine Form der Erinnerung – der Abstammung, der Weitergabe. Und während das Marketing oft im Rampenlicht steht, richtete diese Ausstellung den Fokus wieder auf die stillen Stars: die Hände.

Von den legendären Schuhmachern über die Uhrmacher bis hin zu den Kristallkünstlern war jede Disziplin vertreten – nicht als Produkt, sondern als Prozess. Es war eine poetische Umkehrung der üblichen Choreografie der Fashion Week. Nein runway. Keine erste Reihe. Nur die rohe, erstaunliche Intimität der Schöpfung.

Eine Frage der Dringlichkeit – und der Wahl

Angesichts der Tatsache, dass die französische Berufsbildung vor einer Abrechnung steht und viele junge Menschen sich aus Unwissenheit für einen Beruf entscheiden, anstatt ihn sich auszusuchen, gibt es Ereignisse wie Les Deux Mains du Luxe politisches Gewicht. Es sind kulturelle Interventionen – Plädoyers für Würde, Kontinuität und Ehrgeiz. Es sind Versuche, Handwerk nicht als Rückzugsort, sondern als Zukunft zu begreifen.

Die Präsenz der elitärsten französischen Modehäuser neben über 20 großen Designschulen, darunter die École Boulle, ENSAAMA, die Haute École de Joaillerie und das Institut Français de la Mode, verlieh dieser Vision Gewicht. Jeder Stich, jede Glasscherbe, jedes Blattgold auf Papier war eine Einladung: zu lernen, zu folgen, weiterzumachen.

Wenn Luxus lehrt

Man vergisst leicht, dass die großen Häuser von Paris einst Werkstätten waren. Dass Kunsthandwerker wie Lesage, Goyard und Pouenat als Handwerker begannen. Doch diese Ausstellung erinnerte uns daran, dass es bei Luxus nicht um den Preis geht. Es geht um Beständigkeit. Und Beständigkeit entsteht aus erfahrenen Händen.

Les Deux Mains du Luxe verwandelte das Herz von Paris in eine Promenade des Savoir-faire. Währenddessen befassten sich Vorträge und Meisterkurse im Grand Palais mit den tieferen Fragen: Wie kann man das Handwerk bewahren, junge Talente anlocken und sinnvolle Karrieren rund um die Materialintelligenz aufbauen?

Denn am Ende geht die Fashion Week vorbei. Aber die Hand – und was sie kann – bleibt.



Gepostet aus Paris, Quartier des Invalides, Frankreich.