Richard Quinn Herbst Winter 2025-2026 „Echoes of Grandeur“. Geschichte von Eleonora de Gray, Chefredakteurin von RUNWAY ZEITSCHRIFT. Foto mit freundlicher Genehmigung: Richard Quinn.
Richard Quinn weiß, wie man eine Szene inszeniert. Ein Haus mit einer prachtvollen georgianischen Fassade, künstlichen Geländern und in den Stein gemeißeltem „Richard Quinn“, falls jemand für einen Moment vergessen sollte, in wessen Welt er sich gerade begibt. Es ist eine Eskapismus-Fantasie im großen Maßstab – denn was könnte uns besser in die Welt entführen als eine Abendveranstaltung im Smoking in der unheimlichen Stille einer Winternacht? Die Gäste gehen, der Schnee fällt und der Mond steht hoch am Himmel. Die Silhouetten tauchen auf – elegant, vertraut. Dior? Vielleicht ein geisterhafter Chanel? Nein, es ist Richard Quinns neueste Kollektion.
Und was für eine Sammlung es ist – atemberaubend, dramatisch und absolut an alles erinnernd, was wir bisher gesehen haben. Aber vielleicht nicht in England.
Eine Ode an die größten Hits der Haute Couture
Quinns Gäste strömten in einer sorgfältig kuratierten Vision aus Schwarz und Weiß heraus – denn nichts wirkt so frisch wie eine Parade von Vintage-Referenzen. Die Anklänge an die Couture der 1950er und 60er Jahre waren überall zu sehen: Korsettglocken, drapierte Reifröcke, geschwungene Ausschnitte und genug Satinschleifen, um ein ganzes Pariser Modehaus einzuhüllen. Die Stickereien aus Indien? Sie funkelten. Die Pailletten? Sie glitzerten durch den Kunstschnee und schimmerten mit dem leisen Summen eines Déjà-vu.
Aber machen Sie es sich auf dieser Nostalgiereise nicht zu bequem – Quinn wollte schließlich etwas klarstellen. Vorbei waren die chaotischen Muster und schwindelerregenden Farben, für die er bekannt war. Dies war Schwarz und Elfenbein. Schick. Elegant. Ein raffiniertes Flüstern statt eines Schreis. Bahnbrechend.
Eine Hochzeitsfeier, die kein Ende nehmen will
Dann kamen die Schleier. Denn was wäre eine Richard Quinn-Show ohne Bräute? Tüll fiel den Models wie bei einer zeremoniellen Prozession über den Rücken, ein Schleier nach dem anderen. Sie zogen vorbei wie Figuren in einem surrealen Traum – oder Gäste, die nach dem letzten Glas Champagner vergessen hatten zu gehen. Und zum Finale? Sie waren nicht nur auf der runway. Nein, Quinn sorgte dafür, dass seine Bräute aus jedem Fenster seines sorgfältig gebauten Hauses spähten und uns beobachteten, als wären sie in der Zeit eingefroren. Ein gotisches Märchen oder einfach eine Sammlung, die sich weigert, ihre vergangenen Leben loszulassen?




In England geschneidert, in Indien bestickt – weltweit verkauft
Aber vergessen wir nicht: Hinter all dieser Romantik steckt auch ein Geschäft. Quinns Haus ist nicht nur eine Fantasie, es ist eine funktionierende Maschine. Ein Atelier in Südlondon, in dem Demi-Couture-Aufträge und Brautmodenaufträge laufen, und ein Schneiderservice, der überall hinfliegt, wo das Geld ruft. Die Kollektion mag von Pariser Pracht zeugen, aber ihre Nähte erzählen eine andere Geschichte: „In England geschneidert, in Indien bestickt.“ Ein Slogan, der so effizient globalisiert wurde, dass er als Marketingslogan durchgehen könnte.
Und vergessen wir nicht die Druckerei – eine Schlüsselfigur in Quinns Imperium – die bei der Gestaltung und Auftragserfüllung für Marken überall auf der Welt hilft.
Ein britisches Märchen – mit französischem Akzent
Es hat etwas Poetisches, dass Quinn sich in die lange Tradition britischer Hofschneiderinnen einfügt und gleichzeitig eine Kollektion entwirft, die so verzweifelt nach Paris dürstet. Die Silhouetten, die Stickereien, die sorgfältige Nachahmung des goldenen Zeitalters der Haute Couture – all das ist da. Und doch wird man trotz all ihrer Präzision und Schönheit das Gefühl nicht los, dass diese Kollektion nur ein Echo von etwas Größerem ist. Ein wunderschönes, gut gemachtes Echo.
Richard Quinn weiß, wie man eine Fantasie erschafft. Ob es eine ist, die wirklich neu definiert die runway– oder einfach die Vergangenheit mit einer frischen Paillettenschicht wieder aufleben zu lassen – ist eine ganz andere Sache.
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