Louis Vuitton Frühjahr/Sommer 2026 Herren. Präsentiert in den prachtvollen Glasfassaden des Centre Pompidou. Mit dabei: Krokodilledertaschen, Koffer mit Stickerbüchern und die Geister vergangener Kreativität. Eine Geschichte von Eleonora de Gray, Chefredakteurin von RUNWAY ZEITSCHRIFT. Foto mit freundlicher Genehmigung: Louis Vuitton.
Es gibt Tage in der Modegeschichte, an denen man eine Revolution erlebt. Und dann gibt es Tage, an denen man eine Louis-Vuitton-Show besucht und sich ernsthaft fragt, ob alle im Raum so tun, als sähen sie etwas, das gar nicht da ist – aus Höflichkeit, Verwirrung oder purer Angst vor Beyoncés Blick.
Willkommen zur Louis Vuitton Herrenkollektion Frühjahr-Sommer 2026 – oder wie wir sie jetzt nennen: Der große Levi's-Flohmarkt mit Krokodilbesatz.
Die große „Erzählung“ dieser Saison drehte sich angeblich um eine Reise „von Paris nach Indien“, obwohl man vermutet, dass das Team irgendwo in der Nähe eines Vintage-Ladens in Brooklyn falsch abgebogen ist. Pharrell Williams – musikalisches Genie, aktueller Kreativdirektor und ewiger Fan von Krokodilkadavern – hat es geschafft, eine Kollektion zu entwerfen, die so monumental langweilig und ideenlos ist, dass sie fast Bewunderung verdient.
Stellen Sie sich vor, Sie durchwühlen den Lagerraum Ihres Vaters nach alten Jeans, kleben ein paar Palmenaufkleber drauf und laden €3,000 pro Stück. Voilà. Mode.





REISEN OHNE SICH ZU BEWEGEN
In der Pressemitteilung heißt es, die Kollektion „verdeutlicht den Einfluss moderner indischer Schneiderkunst“, zu der offenbar mittlerweile auch Clipart-Nashörner, verblasste Streifen und Kleidungsstücke gehören, die an vergessene Wäsche erinnern. Irgendwo weinen die Maharadschas.
Und was für ein szenografischer Dialog es war. Ein lebensgroßes Brettspiel von „Schlangen und Leitern“ diente als runway – vielleicht symbolisch für genau die Erfahrung, die man beim Versuch macht, in dieser Kollektion Kreativität zu finden. Nach dem ersten Blick klettert man die Leiter der Hoffnung hinauf, nur um beim fünften kurzen Jeansanzug direkt auf der Schlange der Enttäuschung zu landen.
VOM DANDY ZUM LANGWEILIGEN
Ah, Dandytum. Die Kollektion versprach sonnendurchflutete Eleganz, ungleiche Muster, Trompe-l'œil-Karos und „verwitterte“ Stoffe. Tatsächlich lieferte sie Outfits, die aussahen wie die unpassende Golfkleidung Ihres Onkels nach einem schlechten Tag auf dem Flohmarkt. Die Farbpalette war angeblich von Indiens Naturtönen inspiriert. Doch wenn Lila das neue Schwarz und Braun das neue Indigo ist, fragt man sich, ob der Färberei einfach alles andere ausgegangen ist.
ACCESSOIRES AUS DER SAVANNE DER UNTERNEHMENSIDEEN
Krokodiltaschen zurückgegeben (wieder), weil nichts sagt frische, neue Vision Als würde man dieselbe ethisch fragwürdige Handtasche in einem neuen Marineblau wiederholen. Diesmal kam die beliebte Speedy P9 in pastellfarbenem Strauß und aufgemalten Streifen daher – nur für den Fall, dass es bei Ihrer örtlichen Zoo-Gala eine Kleiderordnung gab.
Es gab auch Taschen mit Motiven von Darjeeling Limited, ein Film, an dem Louis Vuitton wie an einer Kuscheldecke hängt. Taschen, in Farbe getaucht, mit Vintage-Hotelaufklebern bedruckt oder mit Halbedelsteinen verziert, versuchten uns verzweifelt zu überzeugen, dass es sich hier um „High Concept“ handelte. Leider sahen sie eher aus, als wäre ein Kind mit einem Bedazzler und einer alten Ausgabe von National Geographic.
ZOOMING AUF … WAS GENAU?
Pharrells Vision von savoir-faire beinhaltet handgestickte Steine, Spitze und Mikroperlen auf Wanderanzügen. Denn wenn Sie in Rajasthan glamping sind, brauchen Sie natürlich einen karierten Shell-Anzug, der eingewebt ist Metallgarn. Man kann sich vorstellen, dass dies praktisch ist, wenn Sie Sonnenlicht reflektieren, Tiger abwehren oder Elektrizität leiten müssen.
DER ELEFANT (UND ZEBRA UND PALME) IM RAUM
Das Highlight – oder vielleicht auch die Beleidigung – waren die fröhlichen Zootier-Cliparts auf Jacken, Koffern und Ledertaschen. Elefanten, Zebras und Palmen, allesamt mit dem Charme von PowerPoint WordArt aus dem Jahr 2006. Wenn das als Hommage an Indien gedacht war, hätte man Indien vorher fragen sollen. Kulturelle Hommage per Sticker-Set? Bahnbrechend.
„Pharr‑out Animal“ Taschenlinie für Louis Vuitton Frühjahr/Sommer 2026 Herren
Hier kommt das Kronjuwel – nein, der Kronfrosch – der sogenannten „Pharr‑out Animal“-Taschenlinie. Wer wird diesen küssen? Denn anscheinend ist es genau das, was die Couture im Jahr 2026 brauchte, hochwertiges Gepäck in den schlimmsten Tagtraum eines Frosches zu verwandeln. Diese mit Monogrammen hüpfenden Monstrositäten faulenzen wie amphibische Könige herum und interpretieren „Tasche“ als „empfindungsfähigen Teichbewohner“ um, komplett mit Beinen und einem Gesichtsausdruck, der schreit: „Ich bin fabelhaft, aber auch leicht traumatisiert.“ Und gerade wenn man denkt, es könnte nicht surrealer werden, ist da die Elefantentasche – denn nichts ist praktischer als das Tragen eines Dickhäuters über der Schulter. Sicher, die Handwerkskunst von Louis Vuitton ist makellos, aber man beginnt zu vermuten, dass Pharrells Vorgaben weniger „Frühling für Herren“ als vielmehr „Abnorme Kinder“ waren. Bravo für die Kunstfertigkeit – jetzt reicht mir mal jemand das Fliegenschutzmittel.

FAZIT: GLAMPING IN EINER KREATIVEN LEERE
Was haben wir also gelernt? Dass Luxus völlig langweilig sein kann, wenn man es nur laut genug ausspricht, dass Pharrell immer noch eine große Vorliebe für exotische Haut hat und dass Beyoncés Pokerface oscarwürdig ist.
Wenn es sich um ein Schlangen- und Leiterspiel handelte, landete Louis Vuitton auf der Schlange der kreativen Stagnation. Hoffen wir, dass der nächste Wurf sie wieder auf die Leiter bringt. Oder zumindest zu einer originellen Idee.
Unverbindliche Preisempfehlung für die verwaschene Jeans mit Clipart-Nashorn: 2,890 Euro.
Des Kaisers neue Kleider? Erhältlich in Krokodilleder. Wer wird die wohl kaufen? Ich frage mich.
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